Frauen als Führungskraft – nicht immer Liebe auf den ersten Blick

Gepostet 03.11.2016, Gabriel Aeschbacher

Die Führungskraft ist eine Frau. Das ist in der Schweiz noch nicht die Regel, denn bei uns bekleiden nur rund sieben Prozent der Frauen eine Führungsposition. Wir zeigen, wie Frau es heute schaffen kann, Familie, Freizeit und Beruf unter einen Hut zu bringen.

Die Frau als Führungskraft - noch aber machen oft Männer das Rennen an der Spitze eines Unternehmens! (© alphaspirit / Fotolia)
Die Frau als Führungskraft - noch aber machen oft Männer das Rennen an der Spitze eines Unternehmens! (© alphaspirit / Fotolia)

„Meine Führungskraft ist eine Frau.“ Diesen Satz hört in der Schweiz selten, wer effektiv in der Teppichetage sitzt. Nur knapp sieben Prozent Frauen sitzen an den Schalthebeln, halb so viele wie in internationalen Firmen. Susanne Thellung, UBS-Regionaldirektorin Zentralschweiz glaubt, dass die vorhandenen Vorurteile gegenüber Frauen wohl erst mit einem Generationenwechsel ändern würden. Anders als die Finanzbranche tickt das Gesundheitswesen. Dort ist der Frauenanteil deutlich höher als sonst, weil in einem Spital ohnehin mehr Frauen als anderswo tätig sind. Eine von ihnen ist Nora* (44). Sie arbeitet als Pflegefachfrau und Berufsbildnerin am Luzerner Kinderspital und mit einem Pensum von 60 Prozent. Privilegien bezüglich Schichten gibt es nicht. „In meinem Dienstplan sind alle Schichten enthalten“, sagt die Berufs- und Familienfrau zweier Kinder, die inzwischen 16 und 18 sind. Viele von Noras Arbeitskollegen sind weiblich, die Kultur mit vorgesetzten Männern – Oberärzten zum Beispiel – habe sich aber grundlegend geändert. „Vor 20 Jahren hätte sich wohl keiner von ihnen etwas sagen lassen.“ Heute tausche man sich oft aus – auf medizinischer oder pflegerischer Ebene. Nora würde begrüssen, wenn es mehr Männer im Team gäbe, denn von diesen hatte sie in den letzten 20 Jahren nur etwa ein halbes Dutzend kennengelernt.

Empfohlene Angebote

Die Krux mit Job und Familie

Leonie Lepri arbeitet derzeit im Marketing- und Kommunikationsbereich. Für sie hat der Job im Moment eine hohe Priorität. „Als junge, studierte Frau ist es mein Ziel, noch lange einer Arbeit nachgehen zu können, bei welcher ich mein Gelerntes und meine Erfahrungen – eventuell auch als Führungskraft – einbringen kann.“ Auf die Familienplanung angesprochen, gibt sie sich pragmatisch, denn sollte es einmal so weit sein, sei für sie wichtig, dass die ganze Familie hinter den Entscheidungen stünde und sich dabei gegenseitig unterstützen würde. Klar, das Angebot an Krippen und Tagesschulen ist heute gross, die Rahmenbedingungen diesbezüglich stimmen. Und doch ist nicht alles Gold, was glänzt.

„Ich möchte Gelerntes sowie meine Erfahrungen noch möglichst lange in meine tägliche Arbeit einfliessen lassen.“

Firmen machen Druck

Kathrin*, die selber eine Tochter im noch nicht schulpflichtigen Alter hat, wirft noch ein weiteres, nicht ganz unwichtiges Argument in die Waagschale. Eines auch, dass man vielleicht nicht überall gerne hört. „Fakt ist, dass ich als Frau die Führungsposition nur dann behalten kann, wenn ich zu einem gewissen Prozentsatz arbeite.“ Auch wenn dies offen so niemand gerne sagen würde, sei es absolut undenkbar, einen Führungsjob mit einem Pensum von „nur“ 60 oder 70 Prozent zu besetzen. „Eine Frau als Führungskraft muss hier deutlich höhere Hürden überwinden als ein Mann,“ schiebt Kathrin nach.

„Führungsfrauen müssen heute mindestens 80 Prozent arbeiten. Darunter geht gar nichts.“

Weiterbildung für Frauen

Seminare, die sich ausschliesslich Frauen widmen, erfreuen sich steigender Beliebtheit. Dabei geht es oft um einen Beitrag zur Weiterbildung, Förderung, Entwicklung und beruflichen Befähigung von Frauen in einem anspruchsvoll gewordenen – und immer noch ziemlich männerlästigen Arbeitsumfeld. Für Kathrin geht es aber auch noch um etwas Anderes. „Redet man mit Frauen über deren Führungsjob, kommt man zudem schnell und oft auf das Selbstvertrauen zu sprechen.“ Oder um es in den Worten von Kathrin auszudrücken: „Ein Mann sagt ziemlich schnell einmal „Ich kann das“, während eine Frau (zu) oft fragen würde, ob sie dazu überhaupt fähig wäre. Diese Mentalität müssten sie sich – die Generation von selbstbewussten Frauen – noch viel mehr aneignen.

*Namen der Redaktion bekannt

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